Ein Kommentar aus unserem Referat zur aktuell diskutierten Verordnung zur Umsetzung des SBGG

Let’s talk Bundesrat!

Ich weiß wie das jetzt klingt, Super unspannend, vor allem wenn ich euch jetzt erzähle, dass es hier ums Meldewesen geht. Erstmal Bürokratie pur, ne?

Aber hinter der “Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen” zu finden in Drucksache 419/25 versteckt sich ein nennenswerter Einschnitt in das Selbstbestimmungsetzt (SBGG).

Als kurzer Refresher, dank dem SBGG dürfen Personen seit dem 1. November 2024, Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt ändern. Im Allgemeinen hat man das gefeiert und ihr wisst das vermutlich auch alle schon. Was ihr vielleicht weniger wisst ist das im Selbstbestimmungesetz auch ein Offenbarungsverbot verbaut ist (§ 13 Absatz 1 Satz 1 SBGG für die die's nachlesen wollen), das sagt im Grunde dass die “alten” Daten nur an Ämter weitergegeben werden dürfen wenn’s wirklich driftig notwendig wird (und überhaupt nicht an Einzelpersonen). 

So, zurück zum eigentlichen Thema. Die geplante Änderung des Meldewesens will erwirken, dass besagte “alte” Informationen, also Geschlecht und Vorname von vor der gewünschten Änderung, in entsprechenden Datenblättern (0702–0704 und 0304–0305) festhalten und dann auch der zuständigen Meldebehörde mitgeteilt wird. Die kontaktiert dann “weitere Behörden” mit denselben Informationen. Notwendig soll das sein, um die "Nachverfolgbarkeit, nach der Änderung” zu gewährleisten.

Dass es einen Batzen anderer Möglichkeiten gibt um eine Person zu identifizieren ist wohl egal. Da wären zum Beispiel Steueridentifikationsnummer und Geburtenregister, um hier nur zwei zu nennen.

Wir vom Queerreferat sind kategorisch gegen diese Änderung des Meldewesens!

Nicht nur sind die Ziele der Änderung bereits erreicht (siehe oben). Es mangelt an jeglichem Anlass! Namensänderungen, auch für Geschlechtsidentitäts-Fragen, sind schon seit einer langen Zeit ein Ding (TSG und so), und bis dato war sowas nicht nötig.

Weiter liegt hier eine Gefährdung des Offenbarungsverbotes vor, denn hier würden “alte” Daten immer wieder an, gefühlt jeden, weitergegeben, von Notwendigkeit kann keine Rede sein.

Jetzt auch mal so grundsätzlich, die Regelung würde ein “altes Ich” definieren, das man permanent mit sich rumschleppt. Das hat mit der Intention des SBGG nichts mehr am Hut. Anerkennung der gewählten Geschlechtsidentität wird offensichtlich erschwert wenn der Eintrag immer mit Sternchen daherkommt.

Am Ende noch zu einem ekligen Thema. Auch wenn hier keine direkte Liste von trans* Menschen geführt wird, sind wir doch ziemlich "Rosa-Listen förmig". Behaltet hier auch im Kopf, dass man so ein Melderegister Eintrag als Normalperson anfordern kann, ganz komfortabel im Netz. Die Auskunft kommt mit Name und gemeldeter Adresse daher. Es sollte offensichtlich klar sein, warum nicht jedermensch wissen sollte, dass eine bestimmte Person trans ist und wo sie wohnt.

So ein Extremfall muss jetzt natürlich nicht aus dieser neuen Regelung resultieren, Offenbarungsverbot und so. Aber ein solcher lebenslanger Marker an den Personendaten wird mit Sicherheit zur Diskriminierung genutzt werden, und stellt im Extremfall ein Sicherheitsrisiko dar!

Wenn euch das jetzt genauso ärgert wie uns, dann erstmal gute News, über die Regelung wurde noch nicht abgestimmt. Am 17.10.25 ist sie zwar auf der Tagesordnung des Bundesrates aufgetaucht, wurde aber direkt wieder abgesetzt.

Das heißt aber auch, dass die Sache nicht vom Tisch ist. Demnach ist das jetzt ein guter Zeitpunkt, politisch aktiv zu werden, ruft etwaige Vertreter der Landesregierung an und teilt ihnen mit, dass ihr das doof findet.

Schickt ihnen eine E-Mail und verweist auf die Empfehlung des “Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend” (zu finden als Drucksache 419/1/25) hin, die nämlich auch fürs Ablehnen der Verordnung ist.

Wenn ihr mehr wissen wollt lest euch doch die Pressemitteilung des LSVS durch.

Oder für diejenigen unter euch, die sich nicht von Rechtstexten ablenken lassen, schaut in die oben genannten Drucksachen rein!

Wenn das Ding durchgehen sollte empfehle ich persönlich, dass ihr beim Meldeamt eine “Übermittlungssperre” beantragt, damit diese Daten eben nicht weiß Gott wo landen. Das hat zwar eher geringe Erfolgswahrscheinlichkeiten, ist aber einen Versuch wert und setzt nochmal direkt ein Statement. 

Alles in allem, informiert euch, informiert anderer, schützt eure Rechte und haltet die Ohren steif!